Am Samstag, 3. Oktober 2009, fand wieder eine „Bigger Runde“ statt. Wir konnten dafür den noch amtierenden Bürgermeister der Stadt Olsberg, Elmar Reuter, und seinen Nachfolger Wolfgang Fischer gewinnen. Heinz Lettermann moderierte die ungezwungene Gesprächsrunde im Rittersaal von Schloss Schellenstein. Angesichts der Tatsache, dass Elmar Reuter im Laufe der Woche zum Ehrenbürgermeister für seine 30-jährige Tätigkeit an der Spitze der Stadt ernannt werden soll, erinnerte Heinz Lettermann noch daran, dass es in Bigge auch einen Ehrenbürger der Stadt Olsberg gab. Paul Oventrop wurde damit für sein soziales Engagement geehrt. So kaufte er beispielsweise eine Fläche in Bigge auf und verkaufte daraus Grundstücke an Mitarbeiter – für eine D-Mark den Quadratmeter.

Bevor lokale Themen vertieft und eine Rückschau gehalten wurden, ging der Blick auf die Grüne Insel. Elmar Reuter, dessen Sohn Dirk mit Frau und zwei Kindern in Irland lebt, war wieder kürzlich zu Besuch und schilderte seine Sicht von Land und Leuten, die mit ihrem „Ja“ zum Vertrag von Lissabon den Tag der Deutschen Einheit in gewisser Weise auch zu einem Tag für Europa werden ließen.
Dann machte Heinz Lettermann einen Schwenk 30 Jahre zurück und erinnerte an einen selbstbewussten Auftritt von Elmar Reuter im kleinen Saal der Konzerthalle, als sich die drei Kandidaten für die Nachfolge von Heinrich Ochsenfeld vorstellten. Reuter, damals 32 Jahre alt, erinnerte sich noch gut. Es war aber wohl weniger übermäßiges Selbstbewusstsein, als vielmehr die Einstellung nach dem Motto „Ich hab nichts zu verlieren.“ Ungewohnte Methoden nutzte ein Mitbewerber im Wettbewerb um die begehrte Position. Dieser nahm sich sogar eine Ferienwohnung in Olsberg und zeigte sich regelmäßig in der Kirche zum Gottesdienst…
Die Lampen sind jetzt aus...
Als junger Stadtdirektor sah sich Elmar Reuter gleich einer großen Herausforderung gegenüber. Die kommunale Neugliederung schaffte Probleme. Der erste Haushalt des neuen Verwaltungschefs zeigte ein Defizit von 2 Millionen DM auf. Die Konsolidierung des Haushaltes sei „eine unangenehme Aufgabe“ gewesen, mussten doch die Gründe für die Situation untersucht, Gebühren überprüft und kostendeckend angepasst werden. Als Neubürger Fuß zu fassen sei im Übrigen nicht schwierig gewesen, die finanzielle Situation zu regeln aber wohl. Daher wurde beispielsweise auch die Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung eingeführt. In der ersten Nacht ohne Beleuchtung wurde der Stadtdirektor vom Telefon aus dem Bett geklingelt: „Herr Reuter? Ich wollte Bescheid sagen: Die Lampen sind jetzt aus!“
Gutes Klima im Stadtrat - modernstes Berufskolleg in Europa
„Sehr froh“ äußerte sich Reuter über das insgesamt gute Klima im Olsberger Stadtrat. Trotz auch mal hitziger Debatten könnten die Beteiligten später auch wieder ein Bier zusammen trinken. „Es ist weniger das Parteibuch, was zählt. Mehr die persönliche Wellenlänge.“ Viele Neubauten hat der scheidende Bürgermeister begleitet. Das erste große Projekt war der Rathaus-Neubau. Die Entscheidung zum AquaOlsberg sei für ihn die schwierigste gewesen. Zahlreiche Beratungsrunden und intensive Diskussionen mit den Bürgern wurden geführt: „Diese Entscheidung wurde nicht mal eben durch gewunken!“ Im Gespräch über die Bahnhofserneuerung erfuhren die Zuhörer, dass das Berufskolleg mit dem neuen Gebäude Nr. 9 über das modernste Berufskolleg-Gebäude in Europa verfügt. Nur im österreichischen Linz sei noch ein Berufskolleg mit ähnlicher Ausstattung zu finden. Viele Themen und Facetten der 30 Amtsjahre Elmar Reuters wurden an diesem Abend angesprochen. Entscheidungen für die Zukunft nach seiner Amtszeit hatte Reuter noch nicht gefasst. Moderator Heinz Lettermann erinnerte in diesem Zusammenhang an Trude Herr: „Niemals geht man so ganz…“
Wolfgang Fischer übernimmt das Ruder am 20. Oktober um 16:00 Uhr

Mit Wolfgang Fischer steht bereits der kommende Bürgermeister in den „Startlöchern“. Am 20. Oktober 2009 übernimmt er um 16:00 Uhr die Amtsgeschäfte von Vorgänger Elmar Reuter. Vor der Gewissheit, das Amt antreten zu können, stand viel Arbeit mit weit über 150 Wahlkampfterminen ab Mai und knapp 1.600 Hausbesuchen. Am Wahlabend sei er sehr angespannt gewesen, bestätigte Fischer die Beobachtungen von Heinz Lettermann. Der Ergebnisdienst lief nicht richtig und es dauerte lange, bis die Wahl feststand. Immerhin sei die Kandidatur mit Blick auf die berufliche Situation ein einschneidender Schritt gewesen. Zudem seien doch „die Karten nach dem Rückzug Elmar Reuters neu gemischt“ worden. Nun freut er sich auf die Arbeit mit „einem guten Team“ im Rathaus und den weiteren städtischen Einrichtungen wie bspw. dem AquaOlsberg und den Kindergärten.
Heinz Lettermann stellte positiv fest, dass ein fairer Umgang mit dem SPD-Kandidaten Rudolf Przygoda gepflegt wurde. Dies sei auch den französischen Besuchern aus Fruges im Rahmen des Stadtfestes nicht entgangen, wusste Elmar Reuter zu berichten und zitierte ein Mitglied der Abordnung aus der Partnerstadt: „Sind das denn nicht die beiden Gegenkandidaten? Die sitzen ja nun schon eine halbe Stunde zusammen!?!“ Seinem Wahlkampfmotto „Ein Bürgermeister für alle“ möchte Wolfgang Fischer gerecht werden, auch wenn es sicherlich ein hoher Anspruch sei. Er möchte beispielsweise als Moderator Interessengruppen zusammenbringen und nicht ein Bürgermeister der CDU sondern aller Bürger sein. Daher wird er in dieser Woche auch nicht wieder für den Vorsitz des CDU-Stadtverbandes kandidieren, den er immerhin 18 Jahre innehatte.
Talsohle bei Steuereinnahmen noch nicht erreicht
Bei den Prioritäten in den kommenden Jahren schließt sich nach 30 Jahren ein Kreis. Die Finanzen werden unter anderem auch bei Fischers Amtsantritt im Mittelpunkt stehen. Viel Sinnvolles sei in den letzten Jahren getan worden, was auch bei Schulen und Sportstätten sichtbar ist, die sich in einem ordentlichen Zustand befinden. „Aber die Talsohle bei den Steuereinnahmen ist noch nicht erreicht“, mahnt der zukünftige Verwaltungsleiter und Erste Bürger der Stadt. Die Sicherstellung der not- und hausärztlichen Versorgung auch auf lange Sicht sei ein weiterer wichtiger Punkt. Bei der Frage, wie man Ärzte in das Sauerland locken kann, sei auch die Kommune gefragt. Immerhin 110 freie städtische Bauplätze und viele Leerstände lassen zudem auch das Thema „Mehrgenerationen“ immer wichtiger werden. Die interkommunale Zusammenarbeit soll weiter vorangetrieben werden - im kulturellen Bereich, wie bspw. dem Projekt „Stimmakrobaten“, aber auch auf anderen Gebieten, wie den Dienstleistungen. Hochsauerlandwasser und Hochsauerlandenergie seien dafür zwei Beispiele. Darüber hinaus gebe es aber noch viele weitere Felder, wo Synergien durch die Kommunen genutzt werden könnten. „Wir sollten mehr zusammenarbeiten“, stellte Fischer fest.
Und so ging ein kurzweiliger Abend langsam dem Ende entgegen. Den Anwesenden ergab sich aber noch die Möglichkeit, sich einzubringen, was vor allem für verkehrstechnische Fragen rund um Umgehungsstraße und Kreisverkehr genutzt wurde. Anekdoten fehlten aber natürlich ebenfalls nicht. Elmar Reuter erinnerte sich noch an Diskussionen um seine Person: „32 Jahre! Ist das nicht etwas zu jung?“, fragte ein Zweifler. Der inzwischen leider verstorbene Heribert Schmidt wusste auf seine ihm eigene Art zu beruhigen: „Das ist nicht schlimm. Das wird mit jedem Tag besser…“ Die „Bigger Runde“ war im wahrsten Sinne des Wortes wieder eine runde Veranstaltung.
Ein herzliches Dankeschön geht an Heinz Lettermann, Elmar Reuter und Wolfgang Fischer, die für unterhaltsame zwei Stunden sorgten. Besucher und Teilnehmer saßen anschließend noch in gemütlicher Gesprächsrunde zusammen.