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In Riekenbostel im Jahr 1680 gebaut, in Helmeringhausen jetzt wieder aufgebaut: Ein historisches Fachwerkhaus wird das neue Zuhause der Familie Overhageböck. Foto: Mario PolzerWenn diese alten Eichenbalken reden könnten, sie hätten bestimmt viel zu erzählen. Im Jahr 1680 wird aus ihnen ein Fachwerkhaus gebaut. Der „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. regiert Frankreich und Innozenz XI. sitzt im Vatikan auf dem Stuhl Petri. „Was wohl in diesem Haus schon alles passiert ist?“ fragt sich heute, 334 Jahre später, Nadine Overhageböck. Ihr und ihrem Mann Sebastian gehört das alte Fachwerkhaus.

Ein betagtes Gebäude mit einer außergewöhnlichen Besonderheit: Gebaut wurde es 1680 in Riekenbostel, einem kleinen Dorf vor den Toren Bremens. Ende 2012 zog es um – und steht seitdem in Helmeringhausen. Hier bauen es sich die neuen Besitzer zu einem Zuhause für die junge Familie aus.

Das Haus soll möglichst getreu dem historischen Zustand wieder aufgebaut werden. Hier befestigt Sebastian Overhageböck Schilfrohre als Träger für den Lehmputz. Foto: Mario PolzerNoch wohnen Nadine und Sebastian Overhageböck mit ihrer kleinen Tochter Joke in Bigge. „In einem alten Fachwerkhaus zu leben war schon immer unser Traum“, sagt Sebastian Overhageböck. Einige Häuser hatte sich das Paar im Herbst 2012 angesehen. „Aber entweder stimmte die Bausubstanz nicht oder der Preis.“ Durch Zufall fanden sie ihr Traumhaus im Internet. „Wo das Sauerland ist, wusste der Vorbesitzer damals nicht“, erinnert sich Nadine Overhageböck. Eine Spezialfirma baute das Fachwerkhaus in Riekenbostel ab und transportierte es nach Helmeringhausen, wo die Familie ein passendes Grundstück fand. In nur vier Tagen wurde das Ständerwerk im Dezember 2012 dort wieder aufgebaut. Eine Aktion, die die Familie Overhageböck fotografisch dokumentiert hat: Von einem festen Standpunkt aus wurde jede Minute ein Foto gemacht. Wie in einem digitalen Daumenkino können Interessierte den Aufbau nun am Notebook nachvollziehen.

Wegen des späten, aber langen Winters Anfang 2013 lag die Baustelle bis Mitte März notgedrungen still. Dann konnten die Arbeiten fortgesetzt werden. „Wir haben das Haus möglichst originalgetreu wie 1680 nachgebaut“, erläutert Sebastian Overhageböck. Das Ständerwerk wurde mit Lehmstein ausgemauert. Der Unterputz ist aus Lehm. Die Holzweichfaserplatten zur Dämmung wurden mit Lehm angeklebt. Fenster und Türen sind wie das Fachwerk aus Eichenholz. Im Haus dient Schilfrohr als Träger für den Lehmputz.

Seit einem Jahr verbringen die neuen Besitzer jede freie Minute mit der Arbeit an und in dem alten Haus, machen fast alles selbst „Die Stunden können wir nicht mehr zählen“, sagt Nadine Overhageböck. Ihr Mann Sebastian ist Schreiner. „Die Liebe zum Werkstoff Holz ist sicherlich der Antrieb, mich auf dieses Abenteuer einzulassen“, sagt er. Und die Unterstützung der Familie: Sein Bruder Timo und sein Vater Hubert verbringen ebenso viel Zeit auf der Baustelle wie die junge Familie. Immer wieder legen Verwandte und Freunde mit Hand an. Bei aller Liebe zu den historischen Details entsteht so auch ein Niedrigenergiehaus, das modernsten Standards gerecht wird. Geheizt wird mit einer Luftwärmepumpe und einem wasserführenden Kaminofen mit Pufferspeicher.

Die Familie packt mit an: Dank der Unterstützung zum Beispiel von Bruder Timo Overhageböck können die neuen Besitzer des alten Hauses den gesamten Innenausbau selbst erledigen. Foto: Mario PolzerUnd gemütlich wird es, wenn die Overhageböcks voraussichtlich im August dieses Jahres einziehen werden. Das kann man jetzt schon sehen, auch wenn derzeit der Innenraum noch eine Baustelle ist. Im Originalzustand war das Haus Wohngebäude und Stall unter einem Dach. Das lässt heute viel Platz für eine luftige Bauweise. Das Ständerwerk wird innen offen bleiben. Passend dazu wird der Fußboden aus Eichenholz sein. Die Galerie wird einen Blick von unten bis unters Dach erlauben. Das Badezimmer soll sich über zwei Etagen ausdehnen. Und ein großes Dachfenster gibt den Blick frei über Helmeringhausen und hinunter ins Tal nach Bigge.

Mit dem Einzug sind die Arbeiten aber noch nicht beendet: „Das Gefache außen muss noch verputzt werden“, erläutert Sebastian Overhageböck. „Durch den Kalkputz erhält es dann das für das Sauerland typische, schwarz-weiße Aussehen.“ Das kann allerdings frühestens 2016 erledigt werden, wenn das Fachwerk nach dem Wiederaufbau nicht mehr arbeitet. Geplant ist außerdem eine Internetseite, auf der das gesamte Bauprojekt dokumentiert werden soll. Dort sollen Interessierte neben der Fotodokumentation vom Aufbau des Ständerwerks und anderen Fotos und Videos auch viele weiterführende Informationen bekommen können. Doch bis die digitale Baustelle in Angriff genommen wird, hat die Familie Overhageböck erst noch viel Handarbeit zu erledigen.