Direkt am Wahlabend hatten wir für euch Stimmen von CDU und FDP eingefangen und per Facebook live übertragen. Wie Simon Sabinarz (CDU) und Dominik Stahl (FDP) die Wahl bewerteten und welche Ausblicke sie gaben, könnt ihr hier im Video auf YouTube noch einmal anschauen. Wir waren den Abend etwas spät auf Sendung gegangen, so dass wir keinen Vertreter von SPD, den Grünen und den Linken mehr zu fassen bekamen. Das hätten wir durchaus besser organisieren können. Aber wir wollten auch deren Einschätzung hören und haben daher im Nachlauf bei den einzelnen Parteien nachgefasst. Das sagen die SPD und die Grünen:
Die SPD ist natürlich nicht gänzlich zufrieden. Zwar hat Bürgermeisterkandidat Peter Rosenfeld ein beachtliches Ergebnis erzielt, jedoch hat die SPD zwei Sitze im Rat verloren. Rudolf Przygoda sieht den Verlust dabei weniger in einer Kritik an der Ratsarbeit der SPD begründet. Vielmehr sei es wohl auf das gute Abschneiden der Grünen zurückzuführen, die derzeit bundesweit auf einer Erfolgswelle schwimmen würden. Das habe sich auch auf die Kommunalwahlen ausgewirkt . Auf den Dörfern haben man zudem gut abgeschnitten: „Es kann sein, dass die Wähler dort unseren Eindruck geteilt haben, dass in diesen Ortsteilen im Verhältnis zur Kernstadt zu wenig Entwicklung ist und sie diese Unzufriedenheit dann in ihrer Wahl zum Ausdruck gebracht haben“, so Fraktionsvorsitzender Rudolf Przygoda gegenüber bigge-online.
Es wird schwieriger für die CDUKarl Heinz Weigand von Bündnis90/Die Grünen ordnet das Wahlergebnis mit einem Zuwachs von 1/3 an Stimmen und einem zusätzlichen Ratssitz als Erfolg ein, hätten doch die anderen bisher im Rat vertretenen Parteien nicht dazugewonnen. „Leider haben wir ein Wahlziel nicht erreicht: Es ist nicht gelungen, die absolute Mehrheit der CDU zu brechen“, sieht Karl Heinz Weigand noch einen Wehrmutstropfen. Die neue Zusammensetzung des Rates sei aber eine Chance, werde es doch für die CDU nun schwieriger. Den grünen Erfolg sieht Weigand im Gegensatz zu Rudolf Przygoda allerdings nicht in der bundesweiten Erfolgswelle begründet, sondern als Zuspruch für die eigene Politik. Die klare Haltung zur „dringend notwendigen klimafreundlichen Politik in unserer Stadt“ – so sei der Klimabeirat letztlich durch den Antrag der Grünen zum Klimanotstand zustande gekommen – und auch der Beitritt zur Initiative „Seebrücke“ für die Aufnahme von Geflüchteten seien ein Engagement, dass sehr wohl wahrgenommen würde. Karl Heinz Weigand: „Unserer Meinung nach haben eher die ‚neuen‘ im Rat vertretenen Parteien von der Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger profitiert.“
Konstruktive Zusammenarbeit
Mit eben diesen „neuen“ Parteien möchte die SPD um Rudolf Przygoda konstruktiv zusammenarbeiten und ruft sie dazu auf: „Kommunalpolitik, so wie wir sie verstehen, sollte sich immer an der Sache orientieren“, meint der Fraktionsvorsitzende auf unsere Frage, ob der Zuwachs von zwei weiteren Parteien im Stadtrat hilfreich sei. Karl Heinz Weigand bewertet den Zuwachs von demokratischen Parteien im Stadtrat positiv, sei es doch ein Zeichen von politischem Interesse. Die Arbeit würde dadurch aber sicherlich nicht einfacher, „aber bestimmt interessanter“. „Ich freue mich schon auf rege und sicher auch kontroverse Diskussionen“.
SPD sieht große finanzielle Belastungen kommen
Von einem Sitz mehr im Rat, voraussichtlich auch „dem ein oder anderen Ausschutzsitz mehr“ und den etwas verschobenen Mehrheitsverhältnissen erhofft sich Weigand eine größere Akzeptanz der Grünen. „Wir wollen versuchen, durch sachliche Diskussionen, die Mitglieder anderer Fraktionen von unserer Meinung zu überzeugen“, so das grüne Ratsmitglied von Bigge. Unsere Frage, wie die SPD die Opposition gestalten möchte, entgegnet Rudolf Przygoda pragmatisch: „Wir wollen keine Opposition gestalten, sondern sachlich an der Lösung der Aufgaben mitarbeiten, die in der Stadt anfallen.“ Wichtige Themen seien für die SPD nun die Entwicklung aller Ortsteile sowie Lösungen, die gerade junge Familien und Alleinerziehende nicht überfordern. „Es wird sich nach unserer Ansicht noch zeigen, dass auf die Stadt große finanzielle Belastungen zukommen, und die Bewältigung dieser Belastung wird die Herausforderung für die Zukunft sein“, so Przygoda.
Grüne erneuern Forderung nach einem KlimamanagerDie Grünen sehen in ihrem Wahlprogramm keine Priorisierung, egal ob Klimaschutz, Digitalisierung oder Verkehrs- und Sozialpolitik. „Ein erster Prüfstein für den neuen Stadtrat wird sicher die weitere Diskussion um den beabsichtigten Verkauf der Bildungswerkstatt an die Elisabeth-Klinik in Bigge sein“, ist sich Karl Heinz Weigand sicher. Und schnellstens wolle man darauf drängen, dass dem Klimabeirat mehr Bedeutung zukommt: „Den Klimaschutz aufgrund der finanziellen Auswirkungen nur halbherzig zu behandeln, werden wir nicht akzeptieren.“ Hier fordere man, zugesagte Mittel für ein Photovoltaikprogramm in Höhe von 100.000 Euro noch in diesem Jahr bereitzustellen. Und während die CDU die Einsetzung eines Klimamanagers kritisch sieht, erneuern die Grünen diese Forderung. Auch Olsberg müsse seinen Teil für die gesteckten Klimaziele beitragen und dazu bedürfe es neuer Konzepte und Nutzung von Synergien. „Die Stadt Arnsberg macht’s vor“, verweist Weigand auf die Stadt mit SPD-Bürgermeister. Dort würde nun ein Klimamanager gesucht.
Abstimmungen über Parteigrenzen hinaus willkommen
In unserem Politik-Talk mit jungen Ratskandidaten im Vorfeld der Wahl wurde deutlich, dass es auch reichlich Schnittmengen zwischen den Parteien zu geben scheint. Rudolf Przygoda wie auch Karl Heinz Weigand stehen zu einer Zusammenarbeit. „Wenn zum Beispiel ein Gehweg erneuert werden muss, dann ist dies kein CDU- oder SPD-Gehweg, sondern einer, der erneuert werden muss. Nur das ist für unsere Bürgerinnen und Bürger wichtig“, unterstreicht Rudolf Przygoda die Einstellung der SPD. Bisher sei bereits eine Zusammenarbeit gegeben, wo doch sicherlich 90% aller Entscheidungen im Rat und in den Ausschüssen einstimmig nach der Beratung getroffen würden. Man hoffe, dass das auch in Zukunft so bleibt: „Wenn die Lösung von Sachfragen im Vordergrund steht, sind Abstimmungen über Parteigrenzen hinaus willkommen.“
Grüne wünschen sich Dialog mit der FDP zur Windkraft
Das sehen die Grünen im Grunde genauso, bestätigt Karl Heinz Weigand, fordert aber Verbesserungen: „Wie bereits in den vergangenen Legislaturperioden auch, werden wir uns einer sachthemenorientierten Zusammenarbeit nicht verschließen und würden uns darüber freuen, wenn dies auch auf Gegenseitigkeit beruhen würde. Das haben wir auch des Öfteren schon in der Vergangenheit betont. Wir hoffen, dass dies mit den neu konstituierten Fraktionen besser gelingt, als bisher.“ Schnittmengen gebe es vor allem in den Bereichen der Digitalisierung und Bildungschancen sowie beim Ausbau von Angeboten für Jugendliche und junge Erwachsene. Mit der FDP würde Weigand gerne in einen Dialog über Chancen der Windkraft treten. Dem habe sich die FDP den Grünen gegenüber bisher immer verschlossen.
Wir haben auch bei der Partei „Die Linke“ nachgefasst, aber bisher noch keine Rückmeldung erhalten.
Wir von bigge-online werden das politische Geschehen weiterhin verfolgen und versuchen, weiter neue Wege zu gehen, wie wir es mit dem Live-Talk und dem Facebook-Live aus der Konzerthalle begonnen haben. Vor allem wäre es schön, wenn alle Parteien wirklich zusammenarbeiten würden und auch gute Vorschläge der Opposition aufgegriffen werden. Wir sind gespannt!