Der Olsberger Stadtrat hat sich bezüglich der Bigger Grundschule entschieden: Bei der Sitzung des Rates, die wir am 17. Dezember 2020 in der Bigger Schützenhalle für euch verfolgt haben, wurde einstimmig beschlossen, „ein im modernen Schulbau erfahrenes Architekturbüro zu beauftragen, eine erste bautechnische Bestandsanalyse sowie eine Realisierungsstudie mit Varianten und Kostenschätzungen durchzuführen.“ Dabei geht es darum, ob bzw. wie das neue pädagogische Konzept für die drei Offenen Ganztagsschulen, welches in der letzten Ausschuss-Sitzung „Bildung, Sport, Freizeit“ (wir berichteten) vorgestellt wurde, auch baulich umgesetzt werden kann. In den Grundschulen Olsberg und Bruchhausen ist das Konzept recht problemlos umzusetzen. In Bigge werden hingegen umfangreiche Maßnahmen notwendig sein. Auch entschied der Rat, dass die Stadtverwaltung mit der Elisabeth-Klinik über den Verkauf der Bildungswerkstatt verhandeln soll.
Auch die Opposition kann mit Lösung „ganz gut leben“
„Plötzlich war das Monster ‚pädagogisches Konzept‘ räumlich anschaulich“, so CDU-Fraktionsvorsitzende Sabine Menke über vorangegangenen Beratungen der CDU-Fraktion: Man habe das Konzept von Experte Patt mit den baulichen Möglichkeiten des Schulgebäudes abgeglichen: „Und es passt.“ Das Lehrerkollegium stehe hinter den Planungen - und man könne gleichermaßen Perspektiven für die Schule und für die Elisabeth-Klinik aufzeigen. Wichtig sei allerdings noch ein Konzept, wie ein guter Schulbetrieb während der Umbauphase sichergestellt werden könne – dies müsse auch Bestandteil eines entsprechenden Beschlusses sein. Wie der Abgleich der baulichen Möglichkeiten ohne die vorliegende Realisierungsstudie vorgenommen wurde, wurde durch die CDU-Fraktion nicht erläutert.
Die SPD unterstütze das pädagogische Raumkonzept ausdrücklich, so Fraktionschef Rudolf Przygoda mit Blick auf den Vortrag von Raimund Patt: „Das waren eindrucksvolle und ambitionierte Ausführungen.“ Dominik Stahl von der FDP sah ein „gutes und zukunftsfähiges Konzept“. Auch Bündnis 90 / Die Grünen könnten „mit dieser Lösung ganz gut leben“, so Peter Bergmann. Fraktionsvorsitzender Karl-Heinz Weigand brachte in seiner Haushaltsrede zunächst allerdings auch noch einmal eine andere Variante ins Spiel: „Warum denken wir hier nicht größer und stellen uns tatsächlich zukunftsfähig auf, indem wir eine neue Schule bauen und der Klinik ebenfalls eine zukunftsgerichtete Perspektive bieten?“
950.000 Euro hat die Stadt Olsberg in den nächsten zwei Jahren bereits für die Umsetzung des Konzepts eingeplant. Karl-Heinz Weigand von den Grünen unterstrich in seiner Rede, dass diese sicherlich nicht ausreichen würden. Dem widersprach Bürgermeister Wolfgang Fischer nicht und merkte an, dass die Umsetzung des Konzeptes sicherlich „einige Jahre“ benötigen würde. Der Umbau soll im laufenden Schulbetrieb erfolgen, lärmintensive Maßnahmen sollen in die Ferien gelegt werden. Und sollte zwischendurch eine Auslagerung von Teilen der Schule notwendig sein, so könne sich die Elisabeth-Klinik vorstellen, einen Teil des ehemaligen Grundstücks Aßhauer für eine Container-Lösung zur Verfügung zu stellen.
Grundsatzbeschluss: Bildungswerkstatt soll verkauft werden
Bürgermeister: „Wir zeigen zwei bedeutenden Einrichtungen Entwicklungsperspektiven auf“
Neben der Realisierungsstudie gaben die Ratsmitglieder der Verwaltung noch einen weiteren Arbeitsauftrag: In nicht-öffentlicher Sitzung trafen sie den Grundsatzbeschluss zum Verkauf des Grundstücks der Bildungswerkstatt - und dazu, mit der Elisabethklinik über die Anmietung der Räume in einem Neubau zu verhandeln. Zudem soll ein Wertgutachten über Grundstück und Gebäude erstellt werden. Man habe nun die Möglichkeit, gleich zwei bedeutenden Einrichtungen in Bigge Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen, so Bürgermeister Wolfgang Fischer: „Sowohl die Elisabeth-Klinik wie auch die Martinus-Grundschule profitieren." Nicht nur die Schule hat Platzprobleme. Auch die Elisabeth-Klinik benötigt Platz für neue OP-Säle.
In dem Neubau der Elisabeth-Klinik soll die Grundschule dann die 260 Quadratmeter Platz erhalten, die laut dem Planungsbüro „schulhorizonte“ für die Umsetzung des pädagogischen Konzeptes fehlen. Dann soll die Schule in der Lage sein, allen Schülerinnen und Schülern in einer 2-zügigen Schule einen OGS-Platz anzubieten.
Wolfgang Fischer wendete sich im öffentlichen Teil der Ratssitzung zudem „gegen Behauptungen, die in der Öffentlichkeit kursieren“, dass für die Schule ein zusätzlicher Raumbedarf von 600 Quadratmetern nötig sei. Dies sei sachlich falsch. Selbst bei einer 100-prozentigen Nutzung der OGS-Angebote durch die Bigger Schüler seien nach dem „Schulhorizonte“-Konzept gut 200 Quadratmeter ausreichend. Aktuell liege die OGS-Nutzung aber bei weniger als 30 Prozent – daher sei auch während der Umbauphase der Platzbedarf für die Betreuung geringer als bei „Vollauslastung“.
Betreuungsquote bereits über 40%
Wir von bigge-online haben uns die Zahlen bezüglich der Betreuungsquoten noch einmal genauer angeschaut und recherchiert, dass die Aussage, die OGS-Quote läge bei ca. 27%, nur eine Teilinformation ist. In der Betreuung („8 bis 1“) sind weitere ca. 30 Kinder angemeldet. Einige Eltern hätten ihre Kinder lieber in der OGS angemeldet, welche aber über keine weiteren Plätze verfügt. Addiert man die Kinder der OGS und der Betreuung, so kommt man bereits heute auf eine Betreuungsquote von etwa 44%. Raimund Patt vom Planungsbüro hatte in seinen Ausführungen im Rahmen der Ausschusssitzung bereits eine rasant steigende Betreuungsquote prognostiziert.
Heutige Planungen geben der Schule keine langfristige Perspektive
Bürgerinitiative sieht Konzept "auf Kante genäht"
Die oben genannten Ausführungen von Bürgermeister Fischer bezüglich des zusätzlichen Raumbedarfs darf man wohl als Kritik an der Argumentation der Bürgerinitiative „Bigge AKtiv“ sehen. Diese weist den Vorwurf, dass ihre Argumentation sachlich falsch sei, allerdings deutlich zurück: "Die aktuellen Planungen legen eine Zweizügigkeit der Schule zugrunde. Fakt ist aber auch, dass die Stadt Olsberg selbst bereits steigende Schülerzahlen prognostiziert - in den nächsten sechs Jahren ein Plus von fast 30 Schülerinnen und Schülern. Und noch gibt es keine fertige Realisierungsstudie. Wenn es keine Erweiterungsmöglichkeiten gibt, dann ist das Konzept aus unserer Sicht auf Kante genäht“, so Mathias Maluck, Sprecher der Bürgerinitiative, auf die Frage von bigge-online, warum man den Verkauf der Bildungswerkstatt weiterhin kritisch sieht. Selbst wenn das Gebäude heute nicht für einen Schulbetrieb geeignet sei, so biete das Grundstück derzeit noch eine mögliche Pufferfläche: „Wir wollen der Schule doch eine Perspektive für kommende Jahrzehnte aufzeigen und nicht nur für die nächsten 5 - 10 Jahre“.
Maluck und seine Mitstreiter sehen die derzeitige Argumentation anhand der prozentualen OGS-Nutzung unpassend: „Das neue pädagogische Konzept ist eine offene Ganztagsschule, in der die Eltern zwischen einzelnen unterschiedlichen Zeitmodellen wählen können. Dann kann man nicht mehr von Prozenten sprechen, es sind dann alle (=100%) drin. Hier muss dringend ein Umdenken stattfinden und keine prozentuale Zahlenschieberei.“
Initiative bringt Erweiterungsfläche in DiskussionDie Bürgerinitiative „Bigge AKtiv“ kritisierte eine Entscheidung zum Verkauf der Bildungswerkstatt zum jetzigen Zeitpunkt bereits nach der Ausschusssitzung (wir berichteten). Zwar wertet man das pädagogische Konzept positiv, sah aber eine Verkaufsentscheidung ohne vorherige Machbarkeitsstudie als unseriös an, da ohne die Abwägung verschiedener Varianten die Optionen „Verkauf“ oder „Nichtverkauf“ gar nicht bewertbar seien.
Sprecher Mathias Maluck unterstreicht, dass die Bürgerinitiative konstruktiv sein möchte und bringt gleich eine Alternative ins Spiel: „Wenn das Grundstück der Bildungswerkstatt verkauft wird und lediglich zusätzliche Räumlichkeiten von 260 Quadratmeter für die Schule geschaffen werden, so sollte man das Grundstück Aßhauer nicht nur als Ausweichfläche für die Bauzeit in Betracht ziehen, sondern mit der Klinik dauerhaft über diese Fläche verhandeln.“ Damit böte man der Schule eine wirklich langfristige Perspektive bis zur möglichen Dreizügigkeit. Man müsse auch eine mögliche zukünftige Veränderung der Rahmenbedingungen im Blick haben, wie z.B. weiter steigende Schülerzahlen aufgrund eines möglichen Generationswechsels in ganzen Wohngebieten, wie dem „Sichtern“ und auf dem Losenberg. „Und was passiert, wenn - aus welchen Gründen auch immer - der Platz in der Klinik nicht mehr zur Verfügung steht beispielsweise durch eine Veränderung der Krankenhauslandschaft im HSK?“, so Maluck nachdenklich.
Abriss in den Sommerferien 2021?
Da über den Verkauf noch abschließend nach den Verhandlungen mit der Elisabeth-Klinik durch den Rat entschieden werden muss, bietet sich die Möglichkeit, gegebenenfalls noch an einigen Stellen nachzujustieren. Wir sind gespannt und werden das Thema weiter für euch verfolgen. Viel Zeit dürfte bis zu den nächsten Entscheidungen nicht verstreichen, denn nach uns vorliegenden Informationen möchte die Elisabeth-Klinik die Bildungswerkstatt bereits in den Sommerferien 2021 abreißen.