Die Bürgerinitiative „Bigge AKtiv“, die sich für eine Zukunftsperspektive der Bigger Grundschule einsetzt, geriet in der Ausschusssitzung „Bildung, Sport, Freizeit“ in heftige Kritik. Ihr wurde fragwürdiges Verhalten vorgeworfen (wir berichteten). Aber sind die Aussagen und Kritikpunkte der Initiative wirklich so unverschämt, wie in der Sitzung laut wurde? Und wie sehen eigentlich die Ratsfraktionen - die die schwierige Aufgabe haben, zwei wichtige Interessen auf einen Nenner zu bringen - die Situation? Wir haben die laufenden Diskussionen zum Anlass genommen, das Thema noch einmal von verschiedenen Seiten zu beleuchten und die Chronologie der Ereignisse zu ordnen. Nachfolgend versuchen wir, einen umfassenden Überblick über die Problemstellungen und einzelnen Standpunkte zu geben:
Schule und Elisabeth-Klinik haben PlatzbedarfDie Ausgangssituation begann bei zwei Problemstellungen: Die Elisabeth-Klinik benötigt für die Sicherung ihres Standorts einen dritten OP-Raum, um den zukünftigen Leistungsanforderungen gerecht zu werden und die zwei bestehenden OPs im laufenden Betrieb modernisieren zu können. In Zeiten einer schwierigen Krankenhauslandschaft ist das eine wichtige Maßnahme. Nach den Planungen der Klinik gibt es nur eine Möglichkeit, diese Modernisierung wirtschaftlich und in räumlicher Verbindung zu den bestehenden Operationssälen vorzunehmen: In Richtung Westen. Das Problem: Hier steht die Grundschule St. Martinus. Um den benötigten Platz zu bekommen, muss die Bildungswerkstatt weichen. Hier befindet sich heute nicht nur die Heimatbücherei, die Musikschule, eine Bildungseinrichtung und eine Wohnung, sondern auch die „8-13-Uhr-Betreuung“ der Grundschule sowie Toilettenräume.
Problem Nummer zwei neben dem Platzbedarf der Klinik: Als Ende 2019 kurzerhand die Bildungswerkstatt verkauft werden sollte, regte sich Widerstand - auch in den Reihen der Ratsmitglieder - und der eigentlich schon geplante Verkauf wurde aufgeschoben. Vor einer Ratssitzung im Februar machten dann Eltern in einem Protest darauf aufmerksam, dass auch die Grundschule in den letzten Jahren an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen ist (Rückblick Bericht Februar 2020) - und das obwohl die Schule früher noch dreizügig war und heute nur noch zweizügig ist. Dies ist auf geänderte Anforderungen und den wachsenden Bedarf an Plätzen in der Betreuung, sprich Offene Ganztagsschule, zurückzuführen. Der Bedarf an Betreuungsplätzen übersteigt bereits heute die vorhandenen Plätze.
Bürgerinitiative gründete sich nach den ersten ProtestenEs gründete sich die Bürgerinitiative „Bigge AKtiv - Auch Kinder“: „Wir haben seit Februar 2020 sehr viele konstruktive Gespräche mit Mitgliedern des Rates geführt und konnten den Rat Mitte 2020 überzeugen, korrigierende Maßnahmen zu ergreifen. Ohne unsere Arbeit gäbe es heute kein integriertes Konzept. Grundschule, OGS und Betreuung würden sich ein Gebäude teilen, das selbst nach Realisierung des Konzeptes noch 200 Quadratmeter zu klein wäre“, ist Matthias Maluck, Sprecher der Bürgerinitiative, gegenüber bigge-online überzeugt und möchte damit unterstreichen, dass sich die Bürgerinitiative sachlich mit dem Thema auseinandergesetzt habe und der Einsatz bisher nicht unberechtigt gewesen sei.
Das ist rückblickend zumindest nicht ganz abwegig, denn eigentlich wurde der Verkauf der Bildungswerkstatt bereits im Dezember 2019 – von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen – von der Stadt Olsberg auf die Tagesordnung der nichtöffentlichen Ratssitzung gesetzt. Allerdings stellten sich zu diesem Zeitpunkt auch die meisten Ratsmitglieder gegen einen vorzeitigen Verkauf. Und in den Ausschuss- und Ratssitzungen wurde darauf hingewirkt vor einem Kauf zunächst ein Konzept zu erarbeiten. Bürgermeister Wolfgang Fischer räumte in einer Ratssitzung im Juni 2020 ein, dass das Verfahren rückblickend nicht gut gelaufen sei. Hier nochmal ein Blick dazu in den Juni 2020, als die Bürgerinitiative sich recht deutlich äußerte und im Rat zunächst für eine Lösungssuche gestimmt wurde: Bericht vom 20.06.20 (Ausschusssitzung) und Bericht vom 29.06.2020 (Ratssitzung)
Neues pädagogisches Konzept verabschiedet
Es wurde eine Analyse der OGS-Situation im Stadtgebiet in Auftrag gegeben. In dem Zuge hatte das Planungsbüro „schulhorizonte“ im Auftrag der Stadt Olsberg ein pädagogisches Konzept erarbeitet. Darüber hatten wir im Dezember 2020 berichtet: Bericht 11.12.2020 (Ausschusssitzung Vorstellung Konzept). Das Planungsbüro schlug einen neuen Weg vor, bei dem Betreuung und Lernbetrieb nicht getrennt werden. Der Weg geht dabei „weg von starren Lösungen, weg von der ‚Flurschule‘ und weg von starren Räumen“, wie Raimund Patt damals erklärte. Solch ein Konzept würde der Schule dann eine Perspektive für einen Betreuungsquote von 100% geben. Auf Basis des pädagogischen Konzeptes und der aktuellen Gebäudestruktur ermittelte das Planungsbüro schließlich einen räumlichen Mehrbedarf von 200 Quadratmetern - unter der Voraussetzung, „dass die vorhandenen 1.500 Quadratmeter auch baulich so hergerichtet werden können, dass das Konzept umgesetzt werden kann“. So bekam die Schule die Perspektive, die derzeit benötigten Betreuungsplätze zukünftig anbieten zu können.
In dem geplanten Neubau der Elisabeth-Klinik sollen nun gut 260 Quadratmeter Räumlichkeiten für die Grundschule entstehen, welche nach Bedarf gestaltet werden können. Damit stünden der Schule dann insgesamt 1.700 Quadratmeter zur Verfügung. In der Ausschusssitzung am 11. Dezember fragte dann Astrid Hiller, Architektin und Ratsmitglied der SPD, beim Schulplaner nach: „Wir haben in der Ratssitzung eine wichtige Entscheidung zu treffen (sprich Verkauf der Bildungswerkstatt, Anm. der Redaktion). Es gibt aber kein Raumkonzept. Wie kann man auf der Basis eine Entscheidung treffen?“ Raimund Patt hatte dazu eine klare Meinung: „Das können sie nicht!“ Er empfahl, „dringend das erarbeitete pädagogische Konzept zu verabschieden und die Verwaltung aufzufordern, ein im modernen Schulbau erfahrenes Architekturbüro zu beauftragen, für eine Realisierungsstudie mit verschiedenen Varianten und Kostenschätzungen.“ Architektenplanungen liegen aktuell noch nicht vor (siehe weiter unten).
Keine einfachen Zeiten für Krankenhäuser
Bürgermeister Wolfgang Fischer sah das Konzept bereits damals auf sicheren Füßen: „Für eine durchgehend 2-zügige Grundschule mit einer Betreuungsquote von 100 % reichen 1.700 Quadratmeter“, war und ist er sich sicher. Es lägen eher Chancen als Probleme in der Mietlösung mit der Klinik: „Wir haben einen besonderen Vorteil. Die ca. 260 Quadratmeter - ebenerdig, barrierefrei - können wir so gestalten, wie wir das möchten.“ Eine Entscheidung könne getroffen werden, ohne die exakte Vorlage eines Raumkonzeptes. Aus seiner Sicht war auch wichtig, dass die Elisabeth-Klinik „nicht nur als sehr wichtiger Gesundheitsstandort in unserer Stadt, sondern auch ein sehr wichtiges Wirtschaftsunternehmen und Arbeitgeber“ eine Entscheidung benötige: „Die Zeiten für Krankenhäuser, besonders bei uns in der Region, werden nicht einfacher!“ Das war sein Standpunkt im Vorfeld der Ratssitzung vom 17. Dezember in der dann der Grundsatzentschluss zum Verkauf der Bildungswerkstatt getroffen wurde: Bericht 21.12.20 (Ratssitzung 17.12.)
Architektenplanung – wie von „schulhorizonte“ gefordert – liegt noch nicht vor
In der kürzlichen Ausschusssitzung am Montag, 8. März 2021, wurde mitgeteilt, dass das zunächst zur Wahl gestandene Architekturbüro den Auftrag zur Planung des Raumkonzepts aufgrund der eigenen Auftragslage schließlich abgelehnt hatte und ein neues Architekturbüro gefunden werden muss. Eine Planung könnte nun in etwa sechs Monaten vorliegen, teilte Elisabeth Nieder, Leiterin des für Bildung zuständigen Fachbereichs 1 der Stadtverwaltung. Geplant war das sicherlich anders. "Das konnte man nun nicht ahnen, dass diese Absage kommt", so Uta Weigand, Ausschussmitglied von Bündnis90/Die Grünen, die auch in der Sitzung bezüglich des Raumkonzepts nachhakte. Trotz der Verzögerung bei den Planungen ist die Pädagogin "zuversichtlich, dass uns die Umsetzung des Konzepts gelingen kann".
Bigge AKtiv möchte Perspektive für den Grundschulstandort langfristig sichern – Entschluss zum Verkauf der Bildungswerkstatt wird respektiert
Dass noch keine Architektenplanung vorliegt, ist einer der Gründe, warum die Bürgerinitiative aktuell weiterhin Bedenken äußerte: „Nur wenn das pädagogische Konzept in den vorhandenen Gebäuden komplett umgesetzt werden kann, fehlen am Ende die gut 200 Quadratmeter, die dann im Neubau zur Verfügung stehen. Aber was ist, wenn die Planungen des Architekturbüros einen Mehrbedarf ergeben sollten?“, fragte die Initiative schon im Dezember. Im Grunde widerspräche die Fragmentierung der Flächen auch dem integrativen Gesamtkonzept. Die Bürgerinitiative lehnt aber den Verkauf der Bildungswerkstatt mit Blick auf den Bedarf der Klinik nicht generell ab: „Wir respektieren diesen Entschluss, setzen uns aber weiterhin für die langfristige Sicherung der sozialen Infrastruktur für unsere Kinder ein.“ Der heutige Grundschulstandort böte einen enormen Wert für junge Familien nach dem Motto „Kurze Beine – Kurze Wege“. Und diese Perspektive wolle man auch langfristig gesichert sehen.
CDU: Chance zur Weiterentwicklung von Klinik und Grundschule
Sabine Menke, Vorsitzende der CDU-Fraktion im Rat, teilt die Bedenken nicht: „Wir haben seit nunmehr fast 1,5 Jahren die Sachlage ausführlich diskutiert, verschiedene Möglichkeiten abgewogen und Alternativen gefunden. Es ist jetzt erforderlich, der Klinik den Weg für den Anbau freizugeben. Nach unserer Auffassung ist dies auch problemlos möglich, da inzwischen Lösungsmöglichkeiten gefunden worden sind, die einerseits den Bedürfnissen der Schule mit ihrer Betreuung, andererseits auch denen der Klinik Rechnung tragen. Um es klar zu sagen: Wir haben nun die Chance, sowohl den Schulstandort Bigge wie auch die Elisabeth-Klinik weiterentwickeln zu können. Mittlerweile sind wir doch schon ein ganzes Stück weiter: Wir haben ein Konzept, wir sind in Gesprächen mit einem Architekturbüro zur räumlichen Umsetzung, haben eine Übergangslösung für die Räume des Fördervereins für die Umbauphase in Abstimmung mit der Schulleitung und den Vorsitzenden des Fördervereins gefunden und haben eine Erweiterungsmöglichkeit im Anbau der Klinik.“
Einigkeit im Stadtrat
An dieser Stelle herrscht im Grunde große Einigkeit im Stadtrat. Auch die SPD äußert sich in Person des Fraktionsvorsitzenden Rudolf Przygoda gegenüber bigge-online sehr ähnlich: „Der grundsätzliche Beschluss, die Bildungswerkstatt zu verkaufen, ist bereits getroffen worden, aus unserer Sicht in Verantwortung der Klinik gegenüber, um auch ihr Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Wir sind sicher, dass ausgehend von den Feststellungen des pädagogischen Raumkonzepts des Herrn Patt auch eine planerische Umsetzung durch ein Architektenbüro erfolgen wird, die der zukünftigen Entwicklung der Schule gerecht wird. Wir sehen nicht, dass es einen Mehrbedarf bei der Architektenplanung geben wird, da nach dem pädagogischen Konzept von einem zusätzlichen Raumbedarf von 200 m² ausgegangen wurde und wir von einer anzumietende Fläche von 260 m² ausgehen.“
FDP: Mehrbedarf unwahrscheinlich
Und auch die FDP-Fraktion sieht keine Notwendigkeit, die Planungen des Architekturbüros abzuwarten: „Wir sind zuversichtlich, dass in den zukünftig zur Verfügung stehenden Flächen ein Raumkonzept auf Basis des von Herrn Patt erstellten Pädagogischen Konzepts umsetzbar ist. Laut Herrn Patt selbst sind die zusätzlichen 260 m² durch das Erdgeschoss des Neubaus der Bigger Klinik ausreichend. Des Weiteren geht Herr Patt bereits von einer 100%igen Ganztagsbetreuung aus, sodass ein plötzlicher Mehrbedarf als sehr unwahrscheinlich einzustufen ist“, teilt Paul Vorsmann für die Ratsfraktion mit.
Grüne: Verkauf nur, wenn Projekt der Klinik auch genehmigt wird
Karl Heinz Weigand von Bündnis90/Die Grünen sieht durch das pädagogische Konzept keinen akuten Mehrbedarf, besteht allerdings schon auf entsprechende Planungen: „Was baulich hierfür erforderlich ist, muss auf jeden Fall geprüft werden. Dies wurde ja auf unsere Frage im Ausschuss auch bestätigt und muss weiter konsequent eingefordert werden. Die Frage nach der grundsätzlichen Perspektive bzw. Erweiterbarkeit stellt sich aber für Schule und Klinik gleichermaßen. Zur Zeit suchen wir alle nach einem Konsens, der immer irgendwie nur der kleinste gemeinsame Nenner sein wird.“ Während für CDU und SPD der Verkauf der Bildungswerkstatt im Grunde beschlossene Sache ist, schränkt Weigand hier ein: „Der Verkauf des Grundstückes mit Bildungswerkstatt kann grundsätzlich dann erfolgen, wenn sichergestellt wird, dass das geplante Projekt der Klinik auch tatsächlich genehmigt wird. Wir würden dadurch verhindern, dass ein Abriss erfolgt und sich später herausstellt, dass er nicht erforderlich war. Dies sehen wir auch unabhängig davon, in wie weit dieses Gebäude für die Grundschule oder Betreuung nutzbar ist.“
Bigge AKtiv wehrt sich: „Wir sind nicht unglaubwürdig, sondern arbeiten auf Basis von Fakten.“
Die Bürgerinitiative ist da vorsichtiger und brachte das Grundstück Asshauer, auf dem die Klinik noch Parkplätze errichten möchte, als Baustein für die Zukunftssicherung ins Gespräch. So hätte man bei späterem Bedarf noch verfügbare Fläche. „Bei einem ersatzlosen Verkauf der Fläche um die Bildungswerkstatt, ist die Schule künftig nicht mehr ausbaufähig“, stellen die Bürgerinnen und Bürger fest, die sich im Übrigen vehement gegen die Vorwürfe des Bürgermeisters stellen, dass man unglaubwürdig sei: „Wir sind nicht unglaubwürdig, sondern arbeiten mit Fakten. Die z.B. von uns genannten 1.000 Quadratmeter, die durch den Verkauf des Grundstücks wegfallen werden, entstammen einem öffentlichen Vortrag der Stadt Olsberg und sind in dem damaligen Plan nachzulesen.“ +++ Ergänzung 18.03.2021: Zu einem späteren Zeitpunkt wurden die Planungen geändert und etwas 550 Quadratmeter sollten verkauft werden, was mehr Platz für den Schulhof bedeutet. Die Veränderung hat somit vermutlich für die Irritationen bei den Zahlen gesorgt. +++
Pragmatische Ansätze zum Grundstück Asshauer
Dass die Schule eingeschränkte Möglichkeiten hat, sieht auch die FDP, nimmt diesen Ball aber eher pragmatisch auf: „Die Entwicklungsfähigkeit ist schon heute eingeschränkt, da auch in der jetzigen Situation ein Aufstocken der Bestandsgebäude nicht möglich ist. Daher könnte ggf. zukünftig wieder auf die Räumlichkeiten des ehemaligen Kindergarten Sonnenscheins zurückgegriffen werden. Auch das Grundstück Asshauer könnte eine Option sein, da es voraussichtlich als Parkfläche genutzt wird und somit ein potenzieller Rückerwerb durch die Stadt nicht ausgeschlossen ist, sollte - anders als zu Erwarten - der Bedarf für ein weiteres Schulgebäude entstehen.“
Auch die CDU sieht es so, dass das Grundstück Asshauer derzeit nicht benötigt wird, gibt es gleichzeitig aber auch nicht grundsätzlich verloren. Sabine Menke: „Durch die Möglichkeit der Anmietung im Klinikgebäude stellt sich zurzeit auch kein weiterer Bedarf dar, der auf dem Grundstück Assauer umgesetzt werden müsste. Wir gehen davon aus, dass das Berechnungsmodell vom Büro Schulhorizonte passend ist. Außerdem bleibt das Grundstück Assauer ja bestehen, hier wird kein Gebäude errichtet.“
Bürgermeister Wolfgang Fischer sagte in der letzten Ausschusssitzung, dass die Schulleitung das Grundstück auch nicht als zukünftige Option sehen würde. Den Grund nannte er nicht. Allerdings ist das Grundstück heute durch die Schulstraße von der Schule getrennt. Dass die aktuelle Verkehrssituation der Grund für die vom Bürgermeister genannte Ablehnung seitens Schulleitung sein könnte, kann nur vermutet werden, ist aber naheliegend, wenn man die Meinung von Bündnis90/Die Grünen dazu hört: Die Grünen sehen das Grundstück „eher kritisch, da eine doch recht rege genutzte Straße zur Grundschule dazwischen liegt und mindestens die Busse auch weiterhin Zufahrt haben müssten. Ob und wie dies geregelt werden könnte müsste mindestens geprüft werden“. Für die Übergangslösung habe man mit den Räumlichkeiten des ehemaligen Kindergartens „Sonnenschein“ aber auch eine „vernünftige und adäquate“ Lösung gefunden.
Betreuung geht übergangsweise in den ehemaligen Kindergarten „Sonnenschein“
Der ehemalige Kindergarten „Sonnenschein“ wurde oben mehrfach erwähnt. Dies bezieht sich darauf, dass in der Ausschusssitzung vom 8. März 2021 mitgeteilt wurde, dass man mit dem Josefsheim in guten Gespräche sei, die „8-13-Uhr-Betreuung“ übergangsweise in diesem Gebäude der Josefsgesellschaft unterzubringen. Auch könnten hier während der Bauphase Klassenräume ausgelagert werden, was eine Containerlösung auf dem Grundstück „Asshauer“ vermeiden würde. Eine längerfristige Vorhaltung der Räumlichkeiten des ehem. Kindergartens, wie von der FDP oben ins Spiel gebracht, wurde bisher nicht thematisiert. Während die Politik das Grundstück nur für eine eventuelle Containerlösung während der Bauphase gesehen hatte, brachte "Bigge AKtiv" die Fläche für eventuelle zukünftige Bedarfe ins Spiel. Die Containerlösung kommt eigentlich nicht mehr in Betracht, da mit dem Kindergarten eine gute Lösung gefunden wurde: Hier geht es zum Bericht vom 09.03.21 (Übergangslösung KiGa Sonnenschein.
Diskussion um wachsende Schülerzahlen - Faktencheck
Aber warum drängt die Bürgerinitiative eigentlich darauf, weiteres Wachstumspotenzial sicherzustellen? Die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP verweisen auf unsere Nachfrage - wie auch Bürgermeister Wolfgang Fischer in der Ausschusssitzung - im Grunde alle darauf, dass die derzeitigen Zahlen eine Dreizügigkeit derzeit nicht erkennen lassen. In der letzten Ausschusssitzung wurde eine Zahl von 42 Kindern im Eingangsjahr 2025/26 verwiesen. Die SPD erkennt „noch einen relativ großen Spielraum“ bis zu einer dreizügigen Schule.
Wir haben versucht, die genannten Zahlen und Infos einem Check zu unterziehen. Steigende Schülerzahlen insgesamt sind den Daten der Stadt Olsberg zu entnehmen (bspw. dem Jahresbericht zum Jahr 2018 der Stadt Olsberg vom 08.08.2019). Die Zahl von 42 Schülerinnen und Schüler der Eingangsklasse 2025/26 haben wir in den aktuellen Vorlagen explizit nicht gefunden. Allerdings eine Gesamtzahl: Für die Grundschule Bigge prognostizierte die Stadt bis zu 200 Schülerinnen und Schüler im Jahr 2025/26. Das wären bis zu 50 pro Jahrgang. Da die Zahl heute bei etwa 182 liegt, könnte die Eingangszahl auch größer sein als die genannten 42. Aber auch 50 Schülerinnen und Schüler würden keiner Dreizügigkeit entsprechen, so dass hier die Standpunkte der Politik nicht ganz von der Hand zu weisen sind.
Bildung und Betreuung entwickeln sich weiter - Es geht nicht nur um steigende Schülerzahlen
„Bigge AKtiv“ erklärt den Ansatz der Initiative: „Allein in Bezug auf die Geburtenraten steigen die Zahlen in den kommenden Jahren. Hinzu kommt der Generationenwechsel in weiteren Teilen von Bigge, Zuzüge, mögliche Flüchtlingswelle und Schüler, die die Jahrgangsstufe wiederholen. Diese Effekte berücksichtigt die Stadt unseres Wissens nach nicht. Wir haben zudem bundesweit eine massive Tendenz zu mehr Bildung und Betreuung. Es bleibt ein ‚Wachstumsmarkt‘. Da hält man Kapazitäten vor. Auf Bundes- und Landesebene hat man diesen Trend bereits erkannt. So stellte der Bund Ende Dezember dem Land NRW zusätzlich 158 Millionen Euro für den Ausbau des offenen Ganztags zur Verfügung. Neben dem Ausbau von reinen Plätzen liegt der Fokus auch auf Qualität.“ Diese Aussage bezüglich der Landesmittel haben wir auch einem Faktencheck unterzogen. Man findet die Information hier: Schulministerium
Aber es sind nicht nur die reinen Schülerzahlen: Auch in der Vergangenheit haben Anforderungen und Regularien oder halt auch die wachsenden Anforderungen an die Betreuung dafür gesorgt, dass ein Mehrbedarf entstand, ohne dass die Schülerzahlen gestiegen sind. Blickt man in die Bigger Vergangenheit findet sich dafür tatsächlich ein Beispiel, wie eingangs beschrieben: Vor Jahren war die Bigger Grundschule noch dreizügig. Heute ist sie, obwohl nur zweizügig, an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen, so dass die OGS bereits jetzt keine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen mehr bieten kann. Der Grund: Schule und Betreuung benötigen zunehmend Platz. Das neue pädagogische Konzept (siehe weiter oben) kann die Problematik lösen (bei den genannten 200qm Mehrbedarf).
Grüne bringen Neubau einer Schule ins Gespräch
Grünen-Fraktionsvorsitzender Karl-Heinz Weigand brachte schon in seiner Haushaltsrede im Dezember 2020 einen ganz anderen Ansatz ins Spiel: „Warum denken wir hier nicht größer und stellen uns tatsächlich zukunftsfähig auf, indem wir eine neue Schule bauen und der Klinik ebenfalls eine zukunftsgerichtete Perspektive bieten?“ Auf unseren aktuelle Anfrage zum Standpunkt der Fraktionen brachte Weigand diesen Ansatz noch einmal vor. Einen möglichen Standort nannte er nicht. In der Haushaltsrede wurde vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen zu dem Thema eine Machbarkeitsstudie durch die Verwaltung gefordert. Hierzu plant man, noch einen Antrag zu stellen.
Schulplaner Raimund Patt selbst riet in seinem Vortrag im Dezember im Grunde von einem ähnlichen Vorhaben ab. Damals warf er provokativ in den Raum, man könne ja auch die kleinen Schulen schließen und auf der grünen Heide eine 5 - 6-zügige Großschule bauen. Er machte aber auch gleich deutlich: „Macht so etwas bloß nicht! Schulen haben für Dörfer einen hohen Wert.“ Schulen seien heute eben auch ein sozialer Mittelpunkt und sollten nicht ausgelagert werden. Fairerweise muss man aber dazu sagen, dass der Vorschlag der Grünen nicht explizit einen Standort außerhalb des Ortes in den Raum warf. "Wir wollen keine Schulen zusammenfassen und auch keine Schule auf der grünen Wiese am Stadtrand, sondern einen Standort für Bigge analog dem heutigen Einzugsgebiet", so Uta Weigand (Mitglied der Grünen im Ausschuss "Bildung, Sport, Freizeit") im Gespräch mit bigge-online.
"Es geht nicht darum, der Schule ihre Existenz zu nehmen"
Sollte es wider Erwarten einen Mehrbedarf geben, ist für CDU-Fraktionsvorsitzende Sabine Menke klar: „Dann wird es eine Lösung geben. Seien Sie versichert, Bürgermeister Wolfgang Fischer und auch wir als CDU-Fraktion werden dann einen anderen Weg finden. Es geht doch nicht darum, der Schule ihre Existenz zu nehmen.“
Auch die FDP sieht keinen Grund, weitere Planungen abzuwarten, stellt aber Forderungen bezüglich der Verkaufsverhandlungen: „Unabhängig davon, dass die Bildungswerkstatt in ihrer jetzigen Form ohne kostenintensive Umbauten nicht zukunftsfähig ist, vertrauen wir auf die sachliche Analyse von Herrn Patt und seiner Agentur. Jetzt liegt es an den Vertretern der Stadt angemessene Konditionen für den Verkauf der Bildungswerkstatt, den Zustand des Neubaus, als auch die Miete auszuhandeln. Sollte dies gelingen, wäre die FDP-Fraktion mit den Entwicklungen rund um dieses Thema mehr als zufrieden.“
"Verkauf ja – aber unter Wahrung der Perspektiven"
Bigge AKtiv hofft wiederum, dass die Ratsmitglieder den Argumenten der Initiative nicht gänzlich verschließen und sie „die Tatsachen mit offenen Augen, Ohren und einem offenen Herzen aufnehmen.“ Sie haben einen Appell: „Warum kann man nicht mit etwas Courage sagen ‚Moment! Verkauf ja - aber nur unter Wahrung der Perspektiven für die Schule und somit zukünftige Generationen“.
Fazit:
Man sieht, dass das Thema sehr komplex ist und alle Seiten gute Gründe für ihre Standpunkte vorbringen können. Auch wird erkennbar, dass die Aktivitäten der Bürgerinitiative nicht zum Nachteil der Schule waren. Ebenso hatten aber auch die Ratsmitglieder im Dezember 2019 den vorzeitigen Verkauf der Bildungswerkstatt gestoppt. Politik und Verwaltung haben die schwierige Aufgabe die wirtschaftlichen Interessen der Klinik - und zweifelsfrei ist dem Großteil der Bevölkerung nicht zuletzt auch aus gesundheitlicher Sicht an diesem Standort mit langer Tradition und vielen Arbeitsplätzen gelegen - und die ebenso wichtige Sicherstellung eines guten Bildungs- und Betreuungsangebots in Bigge unter einen Hut zu bekommen. Bildung und Betreuung sind nicht zu unterschätzende Standortfaktoren für die Wirtschaft, werden sie doch bei Entscheidungen junger Familien für oder gegen einen Wohnort ausschlaggebende Punkte sein.
"Nicht spalten, sondern vereinen"
Wir finden, dass man durchaus auch einmal kontrovers streiten können muss, um am Ende zu guten Lösungen zu kommen. Gehör verschafft man sich oft nur, wenn man auch mit deutlichen und klaren Botschaften agiert. Karl-Heinz Weigand von den Grünen würde sich „wünschen, dass alle Beteiligten zurückfinden zu einem respektvollen und zielführenden Dialog.“ Es sei weder hilfreich, Schlagworte und Fakten aufzuführen, die möglicherweise nur in einem größeren Kontext verständlich und korrekt dargestellt werden können, noch einseitig die Gesprächsbereitschaft aufzukündigen: „Wir sollten nicht spalten sondern vereinen und hier hat die Sache, wie meistens, eben mehr als die zwei sich gegenüberstehenden Seiten.“ Das sehen wir eigentlich als gutes Schlusswort für unseren Bericht und erklärt auch, warum wir uns die Mühe gemacht haben, in stundenlanger Arbeit dieses Thema aufzuarbeiten.
Man sieht an unserem Bericht, wie komplex das ganze wirklich ist und dass man da durchaus zu verschiedenen Sichtweisen kommen kann. Es gibt vermutlich nicht DEN einen richtigen Weg. Falls ihr die Muße hattet, diesen umfangreichen Bericht nebst der Verlinkungen zu studieren, konntet ihr euch jetzt hoffentlich ein ausgewogenes Bild verschaffen und eure persönliche Meinung bilden.
+++ Ergänzung: In der Ratssitzung am 18. März 2021 wurde der Verkauf der Bildungswerkstatt schließlich beschlossen. +++
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PS. Für Physiker und Filmkenner sei zur Aufheiterung vorgebracht, was uns bei der Aufarbeitung des Themas zum Schmunzeln brachte: Die genannten 42 Schüler im Jahr 2025/26 wurden mehrfach in der letzten Zeit genannt. 42! - Es ist halt die Antwort auf alle Fragen... ;o) - 42 (Antwort) – Wikipedia