Auch die vom Büro Passgang vorgestellten Entwürfe (wir berichteten) wurden bewertet. Dabei wies Uwe Winter auch darauf hin, dass die Entscheidung über die Zukunft des Freibades natürlich der Politik vorbehalten sei. In der Analyse gehe es darum, Trends und Möglichkeiten aufzuzeigen.
Die Bewertung sei anhand aktueller Trends unter Berücksichtigung des Nachfragepotentials und dem Zielgruppenbedarf für Olsberg als Kneippkurort erfolgt. Bürgermeister Wolfgang Fischer betonte, dass zur Erhaltung des Titels „Kneippkurort“ eine Therme notwendig sei. Zu den wichtigsten Optimierungsmöglichkeiten aus der Erfahrung von GMF zählen:
– fortschreitende Digitalisierung (Online-Ticketverkauf)
– Optimierung des Gastronomieangebots
– Ressourcenschonung
– Ausbau der Gesundheitsanwendungen
– Verbesserung der Aufenthaltsqualität
– zu kleines Innensolebecken
– zu wenige Liegeflächen
– unattraktive Ruheräumlichkeiten im Keller des Bades
165.000 Gäste pro Jahr möglich
Nach Corona seien Sauna und Wellness wieder im Kommen und würden mehr genutzt. Winter stellte ebenfalls heraus, dass ein Kinder- und Familienbereich im Bad als Marktlücke in der Region genutzt werden könne. Realistisch liege das Besucherpotential bei 165.000 Gästen pro Jahr – neben etwa 10.000 Nutzern von Schulen und Vereinen. Insgesamt sieht die Analyse Familien mit kleineren Kindern und Menschen im Alter „50+“, die sportliche Angebote mit Wellness und Gesundheit kombinieren möchten, als die Besuchergruppen des AquaOlsberg, die in Zukunft eine besondere Bedeutung bekommen könnten. Nur in Bad Sassendorf gebe es in der Umgebung ein Bad mit der Zielgruppe „50+“.
Eintrittspreise im Vergleich zu günstig
Als große Pluspunkte der Sauerlandtherme bewertete der Fachmann den sehr schönen Sauna-Garten und die hohe Anzahl an Stammkunden – weniger positiv seien das sehr kleine Sole-Innenbecken und die zu geringen Liegeflächen im gesamten Innenbereich. Für die Wirtschaftlichkeit negativ seien die im Vergleich sehr günstigen Eintrittspreise und gar übermäßig günstige Familientarife. Auch der für ein Solebad unübliche Zwei-Stunden-Tarif sei nicht optimal. Ziel müsse es sein, die Besucher längerfristig für das Bad zu begeistern – auch, um so die Gastronomie zu fördern. Dies könne auch die derzeit angespannte Ertragssituation verbessern. Im deutschlandweiten Vergleich mit Bädern ähnlicher Größenordnung liege das Aqua etwa 25 – 50% unter den Vergleichs-Umsätzen.
Für das Freizeitbad schlug Uwe Winter vor, den Zwei-Stunden-Tarif beizubehalten; im Sole-Bereich sollten Tarife ab drei Stunden gelten. Zusammen mit einer angepassten Preisstruktur seien Mehrerlöse von 1,2 Millionen Euro realisierbar. Ebenso empfahl er, bei der Buchung konsequent auf Online-Angebote umzustellen – dies erhöhe die Planbarkeit und entlaste das Personal.
„Magischer Anziehungspunkt für Familien mit kleinen Kindern“
An der Masterplanung des Büros Passgang kritisierte GMF den fehlgeplanten Kinderbereich. Es müsse eine klare Trennung von Gesundheitsbereich zum Familienbad geben. Der Kinderbereich sollte nicht neben den Ruheräumen von Sole und Sauna liegen. Attraktiv wären auch eine Kinderspielelandschaft oder ein Spraypark. Dies senke zudem den Aufwand der Rettungsschwimmer. Ein überdachter Kleinkinderbereich könne zu einem „magischen Anziehungspunkt“ für Familien mit kleinen Kindern werden. Der Fachmann sieht in dieser Zielgruppe ein Steigerungspotenzial von 30 Prozent – und dies bei einer hohen Wirtschaftlichkeit durch eine geringe Wasserfläche. Wichtig sei, die beiden Besuchergruppen sowohl im Sole- wie auch im Außenbereich klar zu trennen: „Dann sind beide Seiten glücklich.“
Die Grundrissplanung sollte ebenfalls optimiert werden um die Wege kurz zu halten. Das zweite geplante Solebecken könnte entfallen, dafür solle man lieber das Außenbecken überdachen. Weiterhin brauche das Bad viel mehr hochwertige Liegeflächen – im Badebereich, sowie im Sole/Saunabereich.
Freibäder nur politisch gewollt
Als kritisch bewertete Uwe Winter die Situation der Freibäder. Das Wetter in Deutschland sei ziemlich unbeständig, was immer ein finanzielles Risiko bedeute. Das Freizeitverhalten junger Menschen habe sich verändert. Wenn man ein Freibad vorhalte, gebe es hohe Ansprüche an die Ausstattung. Daher seien Freibäder immer ein Minusgeschäft und eigentlich nur politisch gewollt. In der Nähe gebe es gute Freibäder. Damit könne Olsberg nicht konkurrieren.
Der Eingangsbereich des Bades sollte mittig angeordnet verbleiben. Durch die bereits in anderen Bädern getestete Online-Ticket-Bestellung wäre auch ein 1-Personen-Betrieb im Eingang möglich. Auf die Gastronomie im Eingangsbereich solle man lieber verzichten und dafür Bademoden anbieten. Alternativ könne hier auch ein Automatenverkauf von „schnellen“ Lebensmitteln angeboten werden
Keine Gastronomie im Foyer
Eine hochwertige Gastronomie solle vor allem in den Innenbereich verlegt werden. Hier könnten die Besucher bei längerer Verweildauer für eine höhere Wirtschaftlichkeit sorgen – im Foyer könne die gastronomische Nachfrage dagegen durch Automaten abgedeckt werden. In Wolfsburg sei die Gastronomie im Foyer-Bereich einem großen Bademodenshop gewichen – dies habe zu beträchtlichen Mehreinnahmen geführt.
Die dargestellte Planung der Saunalandschaft sei zu weitläufig und bei schlechtem Wetter und auch generell in der Unterhaltung nicht praktikabel. Die angedachten kleinen Saunen seien in der Nutzung rückläufig. Hier sollte man besser zu den bestehenden Saunabereichen eine neue Panoramasauna anbieten und regelmäßig Sauna-Events stattfinden lassen. Generell sollte eine Sauna kostendeckend arbeiten. Anzustreben wäre ein schöner Ruhebereich mit eventuell einem kleinen Wellness/Massageangebot. Diese Leistungen könnten auch an einen Pächter weitergegeben werden. Im Sauna-Bereich liegen Event-Aufgüsse und größere Sauna-Kabinen voll im Trend – hier könne man ebenso wie bei Wellness-Angeboten deutliche Zuwachsraten erwarten. Auf den Schwimmteich könne auch aufgrund der Kosten verzichtet werden. Stattdessen könnte man eventuell einen kleinen Außenwhirlpool oder ähnliches planen.
Soleangebot erweitern
Das Soleangebot sei erweiterbar mit Kneippangeboten, Kurseinheiten und Wasserattraktionen. Es sollte ein größeres Innen-Solebecken mit mehr Liegefläche geben und über die Überdachung des Außensolebeckens nachgedacht werden. Im Nassbereich im Untergeschoss sollten keine Ruheräume der Sauna sein. Das sei zu unattraktiv. Dafür solle man lieber die Anordnung der Duschbereiche ändern und die Umkleiden vergrößern.
Förderungen möglich
Eine zusätzliche Attraktivität des Bades und des Standortes Olsberg könne man erreichen, wenn man den Eintritt in Kombination mit Übernachtung oder mit dem Wohnmobilstellplatz anbieten würde. Das Aqua sei für die touristische Entwicklung des Standortes Olsberg sehr wichtig. Die Möglichkeit der Förderung für Solebäder stehe gut. Fördersätze von bis zu 60% seien bei bis zu 5 Millionen Euro möglich. Die Stadt sieht die Chancen zur Bewilligung der Förderungen ebenfalls positiv.
Bedenken, das Freibad aufzugeben
Bei einigen Ratsmitgliedern bestanden Bedenken, das Freibad aufzugeben. Hier sieht man die Möglichkeit, preiswertes Schwimmen anzubieten. Sie möchten das Freibad erhalten. Das Büro GMF hat führte aus, dass das Betreiben eines Freibades eine rein politische Überlegung sei. Gewinnbringend oder kostendeckend sei es nicht. Hier wurde durch die Ratsmitglieder jedoch bemängelt, dass bei den vorgelegten Besucherzahlen für das Freibad gar keine richtige Zuweisung des Besucher in Sole und Freibad möglich sei, wenn der Besucher ein Kombi-Ticket gekauft hatte. Demnach könne die Nutzung des Freibades auch höher gewesen sein. Wir von bigge-online hatten in unserem Bericht über die Vorstellung der Planungen des Büros Passgang zudem die Frage in den Raum gestellt, ob geringe Besucherzahlen nicht auch an einem unattraktiven Angebot liegen könnten.
Keine Aussage zu den Kosten
Ebenso wurde auch auf mehrfaches Nachfragen der Ratsmitglieder auf die Frage nach den Investitionskosten seitens GMF keine Antwort gegeben. Das Beratungsbüro übernehme keine planerischen Aufgaben und könne dazu keine Aussage treffen. Die Planungen des Büros Passgang lagen zwischen 15 und 17 Millionen Euro.
Generell müsse man bei einer Modernisierung nach ca. 10 Jahren mit neuen Investitionskosten rechnen. Nach 10 Jahren sollte man eine kleine Änderung oder eine neue Attraktion einführen, um die Besucher bei Laune zu halten.
Angemerkt wurde aus dem Rat auch, dass bei einer solch großen Investition die anderen dringenden Bau-Projekte der Stadt finanziell nicht vergessen werden sollten. GMF wies darauf hin, dass die großen Änderungen der Passgang-Entwürfe bei Weitem nicht alle umgesetzt werden müssten. GMF konnte zu den Kosten keine Aussage treffen, wies aber darauf hin, dass ein minimalistisches Prinzip heutzutage allerdings nicht zukunftsfähig sei.
Bürgermeister Wolfgang Fischer brachte noch ein, dass ihm die Barrierefreiheit im Schwimmbad fehle und dies bei einer Umplanung mit eingebracht werden solle. Ebenso sollte sich die Arbeitsplatzqualität der Mitarbeiter erhöhen.
Planungswerkstatt mit Bürgern
Ein Beschluss wurde durch den Stadtrat nicht getroffen. Die Fraktionen werden zunächst die Analyse beraten. Zudem wird es noch eine Bürgerbeteiligung geben: Eine Planungswerkstatt zur Ideenfindung wird am 18. Oktober 2023 um 18:00 Uhr im Rathaus stattfinden. Die Planungsentwürfe sollen auf Stellwänden vorgestellt werden. Die Bürger können dann ihre Wünsche und Ideen einbringen.