Deutscher Städte- und Gemeindebund: Ausschuss tagte in Olsberg
Mittelkürzung um 293 Millionen Euro geplant
Ohne die Förderung sei die Umsetzung zahlreicher Projekte in den Städten und Gemeinden gefährdet, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das Jahr 2024 sieht vor, dass die Mittel für die so genannte Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) um 293 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2023 gekürzt werden sollen. Der eigens für die ländliche Entwicklung aufgelegte Sonderrahmenplan im Rahmen des Förderprogramms soll komplett entfallen. Auch das speziell für Modellprojekte der ländlichen Entwicklung ausgerichtete Programm „BULE+“ soll um 6 Millionen Euro gekürzt werden.
„Die im Raum stehenden radikalen Kürzungen bei der Förderung ländlicher und strukturschwacher Regionen wären ein fatales Signal an die Städte und Gemeinden. Vielerorts wurden kommunale Entwicklungsvorhaben vorbereitet, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Dies betrifft beispielsweise den Bau von Dorfgemeinschaftshäusern, die bessere Verkehrsanbindung oder die Entwicklung von Dorfkernen. Die Umsetzung dieser Projekte wird nun durch fehlende Finanzierung in Frage gestellt. Die Bundesförderung spielt eine unverzichtbare Rolle für die Entwicklung und Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume“, betonte der Vorsitzende des Ausschusses, Bürgermeister Ingo Hacker (Neuhausen auf den Fildern).
Bürgermeister Fischer: „Jeder investierte Euro bewirkt private Investitionen“
„Jeder im Rahmen der GAK investierte Euro bewirkt ein Vielfaches an privaten Investitionen und ermöglicht oftmals auch die Inanspruchnahme europäischer Fördermittel. Gerade diese finanziellen Hebelwirkungen brauchen die Regionen auch künftig, um die Transformationsaufgaben wie Klimaschutz, Digitalisierung und Demografischen Wandel anzugehen“, ergänzte Bürgermeister Wolfgang Fischer (Olsberg).
Die ländlichen Räume würden wesentlich wesentlich zur Wirtschaftskraft Deutschlands beitragen und verfügten darüber hinaus über ein hohes Potenzial, das in Zeiten enormer Transformationsaufgaben mehr als bisher aktiviert werden müsse. Mit Blick auf die drängenden Herausforderungen des Klimawandels seien sie zum Schutz von natürlichen Ressourcen, für den Ausbau erneuerbarer Energien oder für die Verkehrswende von herausragender Bedeutung. Die Transformation der Arbeitswelt biete für die Städte und Gemeinden im ländlichen Raum ebenso neue Chancen wie auch die digitale Transformation der Wirtschaft. Gleichzeitig gelte es, dem demografischem Wandel, dem Fachkräftemangel und einer sich verschärfenden gesellschaftlichen Spaltung gerade auf dem Land entgegenzuwirken.
Ländlichen Raum nicht einseitig benachteiligen
„Die erfolgreiche Zukunft unseres Landes liegt im guten Miteinander von Stadt und Land. Notwendige Einsparungen im Bundeshaushalt dürfen nicht einseitig zu Lasten ländlicher Räume erfolgen, in denen die Mehrheit der Menschen lebt. Gerade die Gemeinschaftsprojekte der GAK brauchen wir mehr denn je, um einer weiteren gesellschaftlichen Spaltung in Deutschland entgegenzuwirken“, so die Bürgermeister Hacker und Fischer abschließend.
Der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Verkehr des DStGB tagte im Olsberger Rathaus. Foto: Stadt Olsberg
StVO ebenfalls auf der Tagesordnung
Auch befasste sich der Ausschuss im Rahmen dieser Sitzung mit den vorgesehenen Änderungen im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrsordnung. Aus kommunaler Sicht greife insbesondere der Entwurf der StVO hierbei zu kurz. Die Kommunen bundesweit wünschen sich seit Jahren mehr Möglichkeiten, um vor Ort notwendige verkehrliche Maßnahmen im Interesse von mehr Lebensqualität, Klimaschutz und Verkehrssicherheit umzusetzen.
Im Bundestag und Bundesrat werden derzeit Neuregelungen im Straßenverkehrsgesetz (StVG) und in der Straßenverkehrsordnung (StVO) diskutiert. Die Einrichtung von Tempo 30 oder von Fußgängerüberwegen soll damit erleichtert werden. Aus Sicht des DStGB verliere sich der Kompromiss der Bundesregierung aber in unzureichenden und teils komplizierten Einzelfallregelungen. Das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel, den Kommunen mehr Entscheidungsbefugnisse im Sinne von Klima- und Gesundheitsschutz, Verkehrssicherheit sowie Lebensqualität vor Ort zu geben, würde somit nicht ausreichend gewürdigt.
Städte wollen auch präventiv über Fußgängerüberwege und Tempo 30 entscheiden
„Deutschlands Städte und Gemeinden brauchen ein modernes Verkehrsrecht anstelle eines weiteren „Klein-Klein“ an Ausnahmeregelungen und komplexen Nachweisverfahren. Die vorliegenden Entwürfe zum Straßenverkehrsgesetz und zur Straßenverkehrsordnung sind hierbei leider nicht der ersehnte große Wurf, um den Schilderwald zu lichten, passgenaue Lösungen umzusetzen und so die Verkehrswende zu unterstützen“, so der Vorsitzende des Ausschusses, Bürgermeister Ingo Hacker (Neuhausen auf den Fildern).
Vielen Städten und Gemeinden seien derzeit die Hände gebunden, wenn es um die Einrichtung von Geschwindigkeitsbegrenzungen oder anderen verkehrlichen Maßnahmen gehe. Die Einrichtung von Fußgängerüberwegen oder Tempo 30 bedürften oftmals bürokratischer Verfahren und nachgewiesener Unfallzahlen anstatt dem Präventionsprinzip folgend passgenaue Lösungen flexibel und schnell zu ermöglichen.
Maximale Handlungsspielräume gefordert
„Die nun vorgesehene Möglichkeit, künftig nicht nur direkt vor Schulen, sondern auch entlang stark frequentierter Schulwege Tempo 30 einrichten zu können, geht in die richtige Richtung. Ebenso ist die Aufnahme von Spielplätzen in die Liste von zulässigen Bereichen für eine reduzierte Höchstgeschwindigkeit überfällig. Es gibt jedoch eine Vielzahl weiterer Einrichtungen, vor denen die Kommunen Maßnahmen zu mehr Verkehrssicherheit und Klimaschutz weiterhin nicht durchsetzen können. Anstelle auf die kommunale Abwägung in der Verkehrsgestaltung zu vertrauen, bleibt der Gesetzgeber zu zaghaft. Wir brauchen maximale Handlungsspielräume vor Ort und ein stärkeres Vertrauen auf die kommunale Ebene“, so Hacker abschließend.