Bigge onLine

Einige Interessierte nahmen symbolisch Abschied von der Bildungswerkstatt. Darunter der ehemalige Schulleiter der Grundschule St. Martinus, Ulrich Herbst. Foto: Claudia MettenEine Ära ist zuende: Nachdem am Montag noch der Meißel im Einsatz war, ist nun am Dienstag, 10. August 2021, auch der letzte Rest der ehemaligen Bildungswerkstatt und früheren Volksschule verschwunden. Der Abriss ist vollzogen. Somit haben die Diskussionen, die Verwirrung und auch die Verärgerungen die es rund um die „Grundstücksangelegenheit: Verkauf einer Teilfläche der Grundschule Bigge“ - so lautete die unscheinbare Tagesordnung des Stadtrates Ende Dezember 2019 - ein endgültiges Ende gefunden. Wehmütig verabschiedeten sich symbolisch einige Anwohner, Lehrer sowie Eltern mit ihren Kindern von dem schmucken, alten Gebäude mit den großen weißen Sprossenfenstern. Mit einem großen Plakat in den Händen mit der Aufschrift „Geschichte“ sagten sie gemeinsam „Auf Wiedersehen“ und bedankten sich bei der Volksschule für die vielen schönen Jahrzehnte, in denen sie zahlreichen Kindern - zuletzt im Rahmen der 8-13-Uhr-Betreuung - als auch Lehrern eine Art „Zuhause“ gegeben hatte.


Von Volksschule über Lazarett bis zur Heimatbücherei und "Über-Mittag-Betreuung"

Am 10. August 2021 ist nur noch eine planierte Fläche von der Bildungswerkstatt übrig. Foto: bigge-onlineDie Bigger Volksschule, die 1916 erbaut worden ist, wurde in einem Teilbereich in den letzten Jahren ab Mittag von rund 30 Betreuungskindern genutzt. Im zweiten Weltkrieg als Lazarett verwendet, diente das ehrwürdige Gebäude in den letzten Jahren zudem einer Flüchtlingsfamilie mit ihren Kindern als sicherer Zufluchtsort. Bereits kurz nach dem Krieg war Dr. August Grüne jun. als Truppenarzt in dem Bigger Gebäude tätig. Durch einen Artilleriebeschuss der Amerikaner wurde das Dach der alten Volksschule 1945 durch einen Volltreffer komplett zerstört. Während der provisorischen Reparatur mussten damals einige Patienten für 14 Tage in das Sanatorium Dr. Grüne verlegt werden. Jahrzehnte später beheimatete die alte Schule die Heimatbücherei als auch die Musikschule, zu der die Kinder der St. Martinus-Grundschule sicher und allein gehen konnten.

Abrissarbeiten im vollen Gange. Foto: Claudia MettenDer ehemalige Schulleiter Ulrich Herbst, sieht die Entwicklungen mit dem Abriss der ehemaligen Volksschule kritisch und denkt noch etwas weiter: „Mit dem Ende der alten Volksschule beginnt auch das Ende der St. Martinus-Grundschule. Es ist traurig, dass die Schule abgerissen wurde“. Bereits vor 30 Jahren habe er einen Antrag gestellt, um eine Mehrzweckhalle bauen zu können. Ohne Kommentar und Antwort sei bereits damals das benötigte Grundstück verkauft worden. „Die Politik verhält sich bildungsresistent“, meint Ulrich Herbst, der insgesamt 25 Jahre die Geschicke der alten Schule navigiert hat.

Dass gleich das Ende der St.-Martinus-Schule eingeläutet wurde, mag derzeit zu weit gegriffen sein. Allerdings sind zumindest Diskussionen um den heutigen Standort in den Gang gekommen. Somit sollte man das Thema nicht aus den Augen verlieren.

Aufwändige Umsetzung des neuen pädagogischen Konzepts

Die Grundschule Bigge soll ein neues Pädagogisches Konzept erhalten. Die Betreuung im Offenen Ganztag war bereits an ihre Kapazitätsgrenze geraten, der gestiegene Bedarf an Betreuungsplätzen konnte nicht gedeckt werden. Die 8-13-Uhr-Betreuung soll für eine Übergangsphase in die Räume des ehemaligen Kindergartens "Sonnenschein" des Josefsheims. Um diese Betreuungsplätze in der Grundschule unterzubringen und vor allem weitere Plätze im Offenen Ganztag zu schaffen, reicht ein neues Pädagogisches Konzept allein allerdings nicht aus. Vor allem sind bauliche Veränderungen notwendig. In der letzen Sitzung des Ausschusses "Bildung, Sport, Freizeit" vor der Sommerpause wurde dann deutlich, dass die Umsetzung des Konzeptes aufwändiger wird, als man es wohl vermutet hatte.

Ihr könnt den derzeitigen Stand noch einmal HIER NACHLESEN.

Die Infos zur Geschichte der Volksschule und dem Abschiedstreffen nebst Zitaten des ehemaligen Schulleiters basieren auf einem Artikel von Claudia Metten, die uns auch einige Abrissfotos zur Verfügung gestellt hat. Dafür vielen Dank! Ebenfalls bedanken wir uns bei Klaus Becker und Wolfgang Ernst für weitere Fotos.

Die Abrissarbeiten haben begonnen. Foto: Klaus Becker
Abrissarbeiten - Halbzeit. Foto: Klaus Becker
Nur noch ein kleiner Rest steht. Foto: Klaus Becker